Rückwärtsochos mit dem Körper führen – wirklich?

Jeder der Tango lernt, hört früher oder später, dass wer die Männerrolle tanzt, der Dame die Bewegungsimpulse aus dem Körper heraus gibt.

„Du musst mit dem Körper führen, nicht mit den Armen.“ ist einer der  Anweisungen, die man häufig von Tangolehrern hört.

Gerade beim Führen von Ochos ist dass der Standardsatz.

Aber stimmt das wirklich?

Natürlich ist es richtig, dass der Mann die Dame nicht mit den Armen ziehen, zerren oder massiv in die von ihm gewünschte Richtung drücken soll.

Aber zum einen ist „mit dem Körper führen“ viel zu ungenau und beschreibt nicht wirklich, wie der Führungsimpuls wirklich funktioniert, und zum anderen kann man, wenn man es richtig macht, durchaus auch mit den Armen führen.

Ich kenne beispielsweise einen Tangolehrer, der in erster Linie sanft aber klar mit den Fingerspitzen „führt“. Das ist zwar nicht das, was ich mache oder empfehle, aber es funktioniert.

Beim Tanzen in der offenen Umarmung können, wenn man es richtig macht, ohne weiteres auch die Arme zur Führung eingesetzt werden. Die gekonnte Entkoppelung der Arme vom Körper eröffnet eine Vielfalt von Möglichkeiten, mit denen die Tänzer spielen können.

Wo die Impulse des Mannes wirklich in erster Linie  vom Körper übertragen werden, ist beim Tanzen in der engen Umarmung.

Allerdings ist auch hier die Aussage, dass aus dem Körper geführt wird, zu kurz gegriffen und nicht wirklich durchdacht.

Bei einem großen Teil der Männer sieht das nämlich so aus, dass sie den Körper bewusst und in den meisten Fällen mit zu viel Kraftaufwand um eine Vertikalachse drehen.

Diese Vertikalachse liegt zu allem Unglück bei vielen Männern zwischen den Beinen.

Das heißt, dass sie ihr Gewicht nicht klar von einem Bein auf das andere verlagern.

Die Folge davon ist, dass die Dame nicht den deutlichen aber sanften Drehimpuls erhält, der sie in einen angenehmen Rückwärts“ocho“ leitet, sondern nur durch die stark wackelnden Schulterbewegungen des Herrn hin und her geschleudert wird und irgendwie versuchen kann, das Gleichgewicht zu halten und dabei zu drehen.

Auch wenn der Herr dabei nicht zusätzlich mit den Armen reißt oder drückt, eine eher unangenehme Erfahrung.

Gut, man kann das so machen (und zu viele Männer tun das noch)

Irgendwie funktioniert es auch, aber es ist definitiv nicht die beste Möglichkeit, Rückwärts“ochos“ zu führen.

Viel einfacher, angenehmer und eleganter ist es, einfach die Bewegungsdynamik zu benutzen.

Diese entsteht, wenn man beim Vorwärtsgehen, mit leicht diagonalen Schritten die Rückwärtsschritte der Dame begleitet.
Wichtig ist, dass der Herr dabei Pendelbewegungen macht und bei jedem Schritt sein Gewicht vollständig verlagert.

Wichtig ist auch, dass der Herr gute Haltung bewahrt, also gerade steht und sich weder nach vorne noch nach hinten beugt. Durch diese gerade Haltung erlaubt er seinem Körper, alle notwendigen, subtilen Bewegungen zu erzeugen, die er braucht, um einen Rückwärts“ocho“ nicht (aus dem Körper) zu führen, sondern einfach auf angenehme Weise geschehen zu lassen.

In unseren Kursen üben wir das natürlich mit den Herren, und es leichter gezeigt, als beschrieben.

Die Herren spüren dabei am eigenen Leib, den Unterschied zwischen „mit dem Körper führen“ und „die Bewegungsdynamik zu nutzen“.

Wer das einmal erlebt hat, weiß für den Rest seines Tangotänzerlebens ohne Zweifel, welches die angenehmere Methode ist, die auch den Tänzerinnen ein Lächeln ins Gesicht zaubert.

 

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Bedauerlicherweise wird der „Ocho“ oft als Figur unterrichtet, aber das ist nicht sinnvoll.

Das Resultat davon ist nämlich, dass die Damen „Ochos“ viel zu verkrampft tanzen, weil sie glauben, dass sie selbständig diese „Figur“ ausführen müssten, sobald ihr Tanzpartner einen imaginären „Mach jetzt den Ocho“ Knopf drückt.

Frau kann das natürlich machen, aber diese Herangehensweise hat mehrere Nachteile.

  • Zum einen machen sich die Damen auf diese Weise unnötig Arbeit.
  • Die Bewegung wird angespannt und die „Ochos“ werden abgehackt, anstatt schön, leicht und flüssig zu laufen.
  • Der Tanzfluss des Paares wird blockiert.
  • Im schlimmsten Fall reißen die Damen mit den dadurch entstehenden, ruckartigen Bewegungen nicht nur sich aus der Achse, sondern auch ihren Tanzpartner.

Viel einfacher dagegen ist es, sich vom Herrn drehen und die „Ochos“ einfach geschehen zu lassen.

Dafür muss die Dame sich während der Drehung nur

  • Kurz auf den Fußballen ihres Standbeins stellen, um die Drehung zu ermöglichen.
  • Während der Drehung ihre Achse halten.
  • Und den nächsten Schritt machen, sobald der Impuls des Herrn dazu kommt (aber wirklich erst dann).

Ansonsten braucht sie nichts zu tun.

Auf diese Weise wird jeder „Ocho“ leicht und flüssig, eine natürliche Bewegung, die fast keine Arbeit erfordert.

Die Idee dass man nur sehr wenig zu tun braucht, damit diese oder andere Bewegungen im Tango funktionieren, ist allerdings für viele Tänzerinnen (und Tänzer) ungewohnt.

Die meisten benötigen etwas Zeit, um zu verinnerlichen, dass das wirklich funktioniert. Aber wenn man es einmal verstanden hat, wird das Tangoleben sofort viel leichter.

Also, mehr Dolce Vita und entspannen – weniger arbeiten, schöner und leichter tanzen.