Immer wieder werde ich von Herren gefragt, wie man denn der Dame beim Tango tanzen begreiflich machen kann, was sie tun, wohin sie gehen soll.
Die Dame zerren, ziehen und schieben, wie das manche Herren leider machen, weil sie es nicht besser wissen, geht gar nicht. Es ist höchst unangenehm für die Dame, stört ihre Achse und bringt sie aus dem Gleichgewicht.
Aber wie signalisiert Mann der Dame, wo sie bitte sehr hingehen soll?
Die Antwort darauf klingt altmodisch, ist aber sehr einfach. Der Herr öffnet der Dame schlichtweg die Tür, so dass sie selbständig durch dieselbe gehen kann.
Aber was heißt das jetzt beim Tango tanzen?
Stell Dir dabei den Kavalier in einem alten Film vor, der die Dame einlädt, beispielsweise in ein nettes, kleines Café zu gehen.
Er weist ihr mit einer einladenden Bewegung der Hand den Weg, nachdem er für sie die Tür geöffnet hat, oder während er dies tut – „Bitteschön gnädige Frau“. Die Dame geht selbstbewusst an ihm vorbei, durch die Tür. Selbstverständlich schubst der Kavalier die Dame weder durch die Tür, noch zerrt er sie ins Café .
Wie setzen wir das nun beim Tango um?
Ziemlich offensichtlich ist es, wenn ich will, dass die Dame links um mich herumgeht (gegen den Uhrzeigersinn an der offenen Seite der Umarmung).
Dazu drehe ich mich nach links, in Verbindung mit der einladenden Handbewegung meiner linken Hand (oder zumindest mit dieser Idee im Hinterkopf). Solange ich mich weiter drehe, öffnet sich meine Tür für die Dame immer wieder, und so sie dies will, geht sie immer weiter um mich herum (und tanzt dabei fast von selbst eine Molineta).
Auf der geschlossenen Seite der Umarmung (die rechte Seite für den Herrn, die linke Seite für die Dame) ist das nicht ganz so offensichtlich, aber das Prinzip ist das gleiche.
Ich drehe meinen Oberkörper leicht nach rechts. Dadurch lässt der (sanfte) Druck meines Arms auf die linke Seite der Dame nach, meine Schulter weicht ein wenig zurück, und dadurch entsteht Platz für die Dame, die Tür geht auf, durch die sie bequem gehen kann.
Auch hier gilt wieder, solange ich mich weiter nach rechts drehe, öffnet sich die Tür immer wieder (vergleichbar der Drehtür in einem großen Hotel), und die Dame geht durch diese Tür.
Wenn ich vor der Dame stehe, und mit ihr in Tanzrichtung gehen will, „öffne“ ich die Tür, indem ich leicht die Hand anhebe.
Es genügt sogar nur den unteren Teil der Hand anzuheben, während ein Teil der Hand noch sanft auf dem Rücken der Dame aufliegt. Das Gewicht der Hand auf dem Rücken der Dame verringert sich, und für die Dame fühlt sich das an, als würde eine Tür aufgehen.
Wenn ich die Dame zu einem Vorwärtsschritt einladen will, kommt es darauf an, ob ich rückwärts gehe oder einen Seitschritt mache.
Gehe ich rückwärts, entfernt sich mein Körper und damit das Gegengewicht zu ihrem Körper von der Dame, und weil sie mit mir in Kontakt bleiben will, geht sie vorwärts. Auch hier mache ich gewissermaßen wieder die Tür für sie auf (wichtig dabei ist, dass ich meinen Oberkörper dabei nicht nach hinten, von der Dame weg, biege, sondern leicht nach vorne, in Richtung der Dame ausrichte, weil sie sonst das Gefühl hat, in den Schritt zu fallen oder gezogen zu werden).
Mache ich einen Seitschritt und lade die Dame dabei zu einem Vorwärtsschritt ein (beim Vorwärtskreuz der Dame), kann ich wieder die Idee der einladenden Handbewegung – „Bitteschön gnädige Frau“ verwenden, genauso wie bei der Einladung in einen Seitschritt.
Als Vorbereitung für jeden Schritt nach einem Stop empfehle ich, den Gummidelphin aufzublasen, damit die Dame weiß, das es losgeht.
P.S. Noch ein kleiner Trick, mit dem ich die Tür wieder zumache, wenn ich die Bewegung der Dame stoppen will, oder muss.
Beispielsweise wenn, unsichtbar für die Dame, ein Paar knapp vor uns ist (das unvermittelt aus der Mitte der Tanzfläche in unsere Spur drängt, oder unerwartet mehrere Schritte gegen die Tanzrichtung gemacht hat).
Das hilft auch, wenn ich signalisieren will, dass Voleos oder sonstiges hohes Schwingen des Spielbeins im Moment riskant sind (auch wenn ich die Bewegung gerade eingeleitet habe).
Ich gleite mit meiner Hand auf den unteren Teil des Rückens der Dame, ungefähr auf Höhe der Taille. Durch das pure Gewicht meiner Hand (bitte nicht drücken oder pressen) spürt die Dame, hoppla, hier geht ´s nicht weiter (zumindest nicht nach oben).
P.P.S. Viele Damen empfinden es als unangenehm, wenn die Hand des Herrn dauernd zu weit unten auf ihrem Rücken liegt, weil dadurch ihre Bewegungsfreiheit eingeschränkt wird (vor allem wenn der Herr sehr drückt oder klammert).
Verwende diesen Trick also nur wenn Du die Bewegung der Dame wirklich blockieren willst/musst. Wenn die Dame weitergehen soll, musst Du Deine Hand wieder nach oben verlagern, und somit signalisieren, dass die Tür wieder auf ist.
Besonders Herren die mit einer größeren Dame tanzen, und deren Hand somit automatisch tiefer auf dem Rücken der Dame zu liegen kommt, müssen darauf achten, dass ihre Umarmung der Dame zwar Halt und Sicherheit gibt, diese aber nicht in einen „Schraubstock“ zwingt.
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