Metin ist schuld
Wer Mitte der 90ger Jahre in München Tango getanzt hat, kann sich sicher noch an Metin Yazirs Übungsabende im deutsch-türkischen Begegnungszentrum in der Hermann-Lingg-Strasse erinnern. Auch ich war regelmäßig dort.
Eines Abends, ich machte gerade eine Tanzpause, kühlte mich mit einem frischen Weißbier und beobachtete die Leute, kam eine große, elegante, ziemlich attraktive Blondine in den Tanzsaal und setzte sich zwei Tische von mir entfernt auf die andere Seite des engen Gangs, der zur Tanzfläche führte.
Ich wartete, bis sie ihre Sachen abgelegt und etwas zu trinken bestellt hatte. Sie bemerkte wohl, dass ich sie anschaute, erwiderte meinen Blick, vielleicht ein klein wenig spöttisch amüsiert, aber nicht unfreundlich. Sie gefiel mir. Also ging ich zu ihr und forderte sie zum Tanzen auf
Wir tanzten eine Tanda (Damals sagten wir noch eine Runde, argentinischer Tangojargon war in München noch nicht sehr verbreitet), vielleicht auch zwei. Dann verabschiedeten wir uns freundlich und jeder ging wieder seiner Wege.
Etwa eine Woche später organisierte Metin eine Nachmittagsmilonga in der „Möwe“, einem Restaurant, das es schon seit Langem nicht mehr gibt. Es war eine Showeinlage mit Tänzern von „Tango Passion“ angekündigt, die gerade in München, im Deutschen Theater, ein Gastspiel hatten.
Natürlich ging ich auch zu dieser Milonga, und traf dort wieder auf dieselbe große, blonde Tangotänzerin – Annette.
Wir kamen ins Gespräch, etwas länger als bein ersten Mal, und das Ganze endete damit, dass ich ihr auf Bierdeckeln und Servietten meine künstlerischen Ideen aufzeichnete und zu erklären versuchte.
Sie hörte geduldig, freundlich interessiert zu, wir tanzten mehr als eine Tanda miteinander und tauschten unsere Telefonnummern aus. Später verriet sie mir, dass sie nicht wirklich verstanden hätte, was ich da alles ezählt hatte, über fragile, durchscheinende Skulpturen, Skulpturen mit Sollbruchstellen und so weiter und so weiter…aber, irgendwie hatte ich wohl doch nicht den schlechtesten Eindruck hinterlassen.
Wir begegneten uns dann öfter bei verschiedenen Milongas, besuchten gemeinsam Kurse bei Metin und bei Gustavo Naveira (organisiert von Metin).
Es dauerte dann aber noch ein halbes Jahr, bis wir schließlich ein Paar wurden, und noch zwei weitere Jahre bis wir heirateten.
Metins Übungsabende und Milongas sind uns natürlich stets in guter Erinnerung, und wenn uns heute jemand fragt, wie wir uns kennenlernten, sagen wir meistens: „Metin ist schuld.“.
P.S. Wenn es Euch interessiert, über was ich so alles erzählt habe, hier ganz ohne Bierdeckel auf meiner Künstler Webseite Atelier Wolfgang Sandt:- )
P.P.S. Mehr über Metin, den „Tangozauberer“