Immer wieder mal passiert mir Folgendes. Ich versuche auf einer Milonga oder einem Tangoball eine Dame auf traditionelle Weise mit Blickkontakt aufzufordern. Die aber schaut weg oder vielmehr, sie zieht die Schultern hoch, und richtet ihren Blick angestrengt in Richtung Boden. Schaue ich nicht gleich wieder weg, wird sie noch angespannter, sagen Haltung und Mimik in großen Lettern „WAS STARRT DER MICH SO AN…“
Natürlich kann es sein, dass gerade diese Dame gerade diese Tanda nicht mit mir tanzen will.
Allerdings blicken – Tangotänzerinnen die „Mirada und Cabeceo“, das Spiel des Aufforderns mit Blickkontakt kennen, für gewöhnlich nicht verkrampft zu Boden, sondern drehen einfach leicht den Kopf weg oder signalisieren per Blickkontakt, dass sie gerade nicht (oder nicht mit mir) tanzen wollen, – gewissermaßen ein freundlich, entspanntes „Nein Danke“ oder „Jetzt nicht“.
Aus Erfahrung weiß ich mittlerweile, dass viele Tänzerinnen und Tänzer die gegenseitige Aufforderung zum Tanz mit „Mirada und Cabeceo“ immer noch nicht kennen, weil in ihrer Tangoschule nicht erzählt wird, dass es das gibt, geschweige denn geübt wird, wie es funktioniert.
Leider haben viele Damen, wie ich immer wieder feststellen muß, auch nicht das Selbstvertrauen aktiv Augenkontakt zu suchen, ihren Wunschtänzer ausfindig zu machen, etwas zu flirten und sich mit ihm ohne Worte zum Tanzen zu verabreden.
Das Problem dabei: Es fordert sie auch kaum jemand auf. Traditionellerweise gilt nämlich beim Tango, dass jemand nicht tanzen will, der nicht aktiv nach einem Tanzpartner Ausschau hält.
Erst durch Blickkontakt gibt die Dame dem Herrn die Möglichkeit, oder wenn man so will, die Erlaubnis, sie aufzufordern. Wenn also eine Dame immer den Blick senkt, wenn ein Mann sie intensiver anschaut, signalisiert sie, ob sie das will oder nicht, dass sie keine Lust hat zu tanzen.
Das lockt natürlich keinen Tänzer an. Der Frust ist vorprogrammiert.
Also meine Damen, mehr Selbstvertrauen!
Zeigt, dass Ihr es nicht nötig habt, Euch zu verstecken. Fürchtet Euch nicht, sondern erwidert die Blicke der Männer (Zumindest in der Milonga gehört das dazu und ist völlig in Ordnung). Nehmt aktiv am Spiel von „Mirada und Cabeceo“ teil, statt passiv zu warten und (vergeblich) darauf zu hoffen, dass vielleicht doch irgendwann ein Tänzer kommt und Euch auffordert.
Eure Chancen zu netten Tänzen zu kommen erhöhen sich dadurch ganz gewaltig.
P.S. Da fällt mir ein, Ein weiteres praktisches Hindernis kann vorkommen. Immer wieder wird mir von Damen gesagt, dass sie meine Aufforderung per Blickkontakt ohne ihre Brille gar nicht gesehen haben.
Gut, bei der eher dezenten Beleuchtung in den meisten Milongas kann das ein Problem sein. Aber für den Fall gilt: Lasst Eure Brille auf. Zumindest bis Ihr Euren Tanzpartner gefunden habt und der Tanz beginnt.