Im Artikel „Was Tango mit Pendeln zu tun hat“, habe ich darüber geschrieben, wie wir uns beim Tango tanzen das Pendelprinzip zunutze machen können, um entspannt und doch energetisch zu tanzen.
Erklärt hatte ich das am Beispiel des Führens von Rückwärts“Ochos“
Ich hatte versprochen, auch zu erklären, wie man das Pendeln auch bei der Molineta und der Caminada einsetzen kann.
Über die Molineta habe ich schon einen Artikel geschrieben.
Hier also der Artikel darüber, wie man das Pendelprinzip auch bei der Caminada, dem „einfachen“ Gehen im Tango anwenden und dadurch besser tanzen kann.
Ich habe lange überlegt, wie man das am Besten erklären kann.
Immerhin geht es ja beim Pendeln immer vor und zurück, während man sich bei der Caminada immer in eine Richtung, nämlich die Tanzrichtung bewegt.
Aber warum bringe ich dann überhaupt das Pendel ins Spiel?
Ich leite die Caminada für gewöhnlich ein, indem ich den „Gummi-Delphin aufblase“, also bewusst einatme und dadurch größer werde.
Gleichzeitig ist mein Körper leicht angespannt.
Dadurch baue ich Energie auf (potentielle Energie um genau zu sein). Diese Energie kann man mit der eines Pendels vergleichen, welches auf seinem höchsten Punkt angekommen und bereit ist, zurück (oder in diesem Fall los) zu pendeln.
Sobald ich losgehen will wird diese potentielle Energie gelöst, weil sich mein Körper und meine Beine entspannen und leicht nach unten gehen.
Gleichzeitig bewege ich mich nach vorne. Mein Körper ist also jetzt das schwingende Pendel an einer imaginären Aufhängung vor mir.
Das Problem ist, dass ein wirkliches Pendel in der Mitte aufgehängt ist, und von einer Seite zur anderen schwingt (von links nach rechts oder von vorne nach hinten).
Die Aufhängung ändert sich nicht. Ich müsste also nicht nach vorne weiter, sondern wieder zurück gehen
Und jetzt kommt Tarzan.
Der schwingt sich nämlich, wie wahrscheinlich viele von uns noch aus etlichen Filmen vor Augen haben, von Liane zu Liane durch das Blätterdach des Dschungels.
Hier eine kurze Beschreibung für diejenigen, denen Tarzan nichts sagt:
Ein spärlicher bekleideter muskulöser Mann (meistens einigermaßen gut aussehend) sitzt in einem hohen Baum im afrikanischen Urwald. Auf den Boden will er nicht, weil dort das Unterholz aus Dornbüschen zu dicht ist, um bequem durchzukommen (möglicherweise hat er auch eine Schlangen- und Kleintierphobie, aber darauf wird in keinem der Filme hingewiesen).
Was also tut er? Er greift nach einer Liane und schwingt sich an dieser, wie an einem Schwingseil (oder an einer Schaukel), weiter. Ein typisches Pendel also.
Ist er mit seiner Liane auf der anderen Seite am höchsten Punkt angekommen, schwingt er nicht zurück, sondern greift nach der nächsten Liane, die passenderweise in Flugrichtung vor ihm auftaucht.
Der kurze Augenblick in dem Tarzan nach der nächsten Liane greift, bevor er sich an dieser weiter schwingt, entspricht dem kurzen Moment, in dem ein Pendel verharrt, bevor es zurück schwingt.
Man könnte sagen, Tarzan wechselt mit jeder neuen Liane an die er sich hängt, den Dschungel-Bus, der ihn in der gewünschten Richtung nach vorne bringt und braucht dabei immer einen kleinen Moment zum Umsteigen.
Und wie, bei allen Affen und Dschungelgeistern hilft uns das jetzt beim Tango tanzen?
Für uns ist hier die gewünschte Richtung die Tanzrichtung.
Um in dieser Vorwärts zu kommen, rennen wir aber nicht, sondern hangeln uns, gewissermaßen, von Liane zu Liane.
Praktisch heißt das, dass wir jedesmal wenn unser Spielbein am Standbein vorbei gleitet (nicht daran vorbei rauscht, wie ein D-Zug auf Speed), einen winzigen Moment der Verharrens haben, einen Moment der Stille mitten im Schritt (Nein! Nicht was Ihr jetzt denkt.).
Das Spielbein schwingt dabei nicht nach oben, wie bei einem wirklichen Pendel, aber es verharrt, vergleichbar dem Pendel auf seinem höchsten Punkt, für den Bruchteil einer Sekunde neben dem Standbein, bevor es sich weiter bewegt.
Das Spielbein wird dabei nicht ans Standbein geklemmt. Es gibt keine ruckartige Bewegung. Alles geschieht ganz sanft.
Vergleichen kann man das mit einer Situation beim Autofahren.
Stellt Euch vor, Ihr kommt an eine Kreuzung. Keine Verkehrszeichen, nur rechts vor links. Die Situation ist nicht ganz übersichtlich.
Als umsichtige Autofahrer rauscht Ihr nicht mit Vollgas bis zur Kreuzung, um im letzten Augenblick eine Vollbremsung hinzulegen und dann von Null neu zu starten.
Als umsichtige Autofahrer fahrt Ihr langsam an die Kreuzung, ohne vollständig zu stoppen. Wenn Ihr seht, dass die Kreuzung frei ist, beschleunigt Ihr wieder und fahrt weiter.
Das Gleiche gilt, wenn Ihr Euch durch den Dschungel der Tanzfläche hangelt. Gönnt Euch also ein Viertelsekündchen Pause, wenn Ihr in der Mitte des Schritts seid.
So, aber warum um Himmels Willen erzähle ich Euch das? Wie hilft Euch das beim Tanzen?
Ganz einfach. Diese kleine „pause“ (nicht PAUSE!) gibt es auch in der Tangomusik, Das Orchester spielt sie mit jedem betonten Taktschlag.
Wenn Ihr diese „pause“ nicht mittanzt, seid Ihr einen Tick zu schnell, auch wenn Ihr sonst alles richtig macht. Das heißt, dass Euer Tanz nicht entspannt und auf den Rhythmus erfolgt, sondern hektisch wird.
Und wer will schon hektisch tanzen und dabei mehr arbeiten, als nötig wäre?
Alles klar?
Ich bin schon gespannt auf Eure Rückfragen und gegebenenfalls auf die Diskussion.
Darauf ein dreifach donnernder Tarzanschrei!
Hier die Artikel, die in diesem Zusammenhang für Euch hilfreich sein könnten.
Was Tango mit Pendeln zu tun hat