Waschbär oder Panda?

Bist Du ein Waschbär oder ein Panda?

Diese Frage wurde mir vor Kurzem gestellt.

Gut, sie bezog sich nicht aufs Tango tanzen, sondern auf die Nutzung von künstlicher Intelligenz.

Aber ich finde, sie passt auch sehr gut, zu der Art und Weise wie wir Tango verstehen, wie wir Tango tanzen, und Tango lernen.

Panda, Image Mfield, Matthew Field,

Was haben also manche Tangotänzer mit dem Großen Panda gemeinsam? Beide sind perfekt spezialisiert auf ihre Umwelt (beziehungsweise auf eine Art zu tanzen), die nur unter bestimmten Voraussetzungen funktioniert.

Der Panda hat sich über Millionen von Jahren perfektioniert: Er hat Extra-Daumen um Bambus zu schälen, und ein spezialisiertes Verdauungssystem.

Das ist außerordentlich vorteilhaft, solange es genug Bambus gibt. Aber sobald sich sein Ökosystem ändert und es keinen Bambus mehr gibt, hat er ein größeres Problem.

 

Ähnlich ergeht es den Großen Pandas bei den Tangotänzern, die sich nur darauf spezialisieren, Figuren und Schrittfolgen auswendig zu lernen, und dann irgendwie auf der Tanzfläche auszuführen.

Was sie gelernt haben, funktioniert nur, wenn dafür alle Bedingungen stimmen.

Sobald das nicht der Fall ist, sind sie auf der Tanzfläche weitgehend verloren. Sie haben keinen Platz ihre Figuren zu tanzen.

Es steht nämlich immer jemand im Weg.

Das worauf sie sich spezialisiert haben, wird ihnen somit unmöglich gemacht.

Natürlich stehen die Panda-Tänzer nicht vor dem Aus, wenn die Bedingungen die sie brauchen, nicht erfüllt sind.

Ich halte es auch für unwahrscheinlich, dass sie aussterben werden.

Aber wie mir immer wieder bestätigt wird, haben Tänzer die in erster Linie Figuren lernen, bei einer richtigen Milonga mit einer zumindest halbwegs gut gefüllten Tanzfläche nicht viel Freude.

Oft geben sie nach kurzer Zeit entnervt auf, weil sie das was sie gelernt, worauf sie sich spezialisiert haben, nicht tanzen können.

Man darf sich die Frage stellen, wie lange wohl sie diesen Frust ertragen, und beim Tango tanzen bleiben.

Waschbären sind im Gegensatz zum großen Panda außerordentlich flexibel, passen sich schnell an Neues an, und kommen mit vielen unterschiedlichen Bedingungen bestens zurecht.

 

 

Flexible Tangotänzer die sich nicht auf festgelegte, auswendige Schrittfolgen verlassen, sind in meinen Augen eher wie die Waschbären.

Sie haben gelernt, sich der Situation auf der Tanzfläche immer wieder neu anzupassen. Sie verfügen über ein Repertoire von einfachen Tanz-Bausteinen und die Fähigkeit, damit auf sich verändernde, neue Situationen auf der Tanzfläche zu reagieren.

Egal ob auf der Tanzfläche viel oder wenig Platz ist, oder ob sie gar rammelvoll ist, sie finden fast immer eine Möglichkeit sich darauf zu bewegen, und Spaß am Tanzen zu haben.

Ich will nicht sagen, dass Waschbären-Tänzer nie Frust haben, aber meiner Erfahrung nach hält sich dieser doch in sehr überschaubaren Grenzen.

Andererseits sieht der Große Panda sehr schnuckelig aus. Ob man das von Waschbären in gleicher Weise sagen kann, scheint mir nicht so eindeutig.

Aber was meint Ihr, seid Ihr eher der Große Panda Tänzertyp, oder eher ein Waschbären-Tänzer?

 

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Frau traut sich nicht

In meinem letzten Beitrag habe ich darüber geschrieben, dass die Herren versuchen sollen, den Damen auf die Füße zu steigen, um genau dies zu verhindern.

Natürlich ist das etwas, was jeder nette, wohl erzogene Tänzer erstmal verstehen und verinnerlichen muss, bevor er es umsetzen kann.

Irgendwann verstehen es dann aber die meisten.

Umgekehrt, den Eindruck habe ich zumindest, ist es aber noch viel schwieriger.

Es gibt beim Tango ja auch eine Menge Bewegungsabläufe, bei denen die Dame auf den Herrn zukommt.

Hier gilt natürlich das Gleiche. Damit es funktioniert, muss die Dame auf den freien Fuß des Herrn zugehen.

Da scheinen die Damen aber noch viel größere Hemmungen zu haben, als die Herren.

Obwohl die Einladung zu einem Schritt glasklar ist, versuchen Tänzerinnen oft krampfhaft, diesen Schritt zu vermeiden.

Ich kann nur darüber spekulieren, ob es da eine angeborene, oder anerzogene Hemmung davor gibt, wenn man so will, auf den Schritt des Herrn zuzukommen, oder ob Frauen dieses direkt auf den Herrn zugehen, als zu konfrontativ empfinden.

Ich erlebe das übrigens auch, wenn Damen zu einer Sacada eingeladen werden, bei der sie nach vorne gehen, und das Bein des Herrn „verdrängen“ müssen.

Vielen Damen scheint das unangenehm zu sein und sie machen die seltsamsten Verrenkungen, um irgendwie am Bein des Herrn vorbei zu tanzen.

Oder liegt das alles nur daran, dass die Tänzerinnen schlichtweg nicht so oft vorwärts auf ihre Tanzpartner zugehen, das deswegen nicht gewohnt und unsicher sind, was sie tun sollen?

Meine Frage an alle Tänzerinnen und Tänzer: Was meint Ihr dazu? Woran könnte das liegen?

Erlebt Ihr das auch so?

Oder ist das nur meine persönliche Wahrnehmung und allen anderen ist das noch nicht aufgefallen?

 

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Tritt ihr auf den Fuß!

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„Versuch, ihr auf den freien Fuß zu treten!“

Jeder der bei uns einen Kurs gemacht hat, hat das schon mal gehört.

Warum um Himmelswillen? Ist es nicht so, dass man seiner Partnerin eben nicht auf die Füße treten sollte?

Ihr wehzutun, das geht doch gar nicht!

Immerhin, wir sind ja freundliche, soziale Menschen und außerdem wollen wir, dass sie wieder mit uns tanzt.

Da wäre es doch völlig gegen Sinn und Verstand, wenn wir dauernd ihre Füße lädieren, und überdies ihre feinen Tangoschuhe und eleganten Strümpfe zerstören.

Wenn da nicht die verflixte Bewegungsdynamik wäre…

Um den Führungsimpuls zu übertragen, ist es beim Tango nämlich wichtig, auf den freien Fuß der Dame zuzugehen.

Erst dadurch erhält sie vom Herrn

  • den Impuls, um genau zu spüren, wohin die Reise gehen soll
  • die vollständige Energie, die sie braucht, um einen entsprechend großen Schritt zu machen, und damit ganz einfach dem Fuß des Herrn aus dem Weg zu gehen.

 

Wenn der Herr versucht, aus falsch verstandener Rücksichtnahme, den freien Fuß der Dame zu vermeiden, und damit tendenziell von ihr weg geht, enthält er ihr beides vor, und verliert den Kontakt zur Dame.

Das ist ein bisschen so, als würde er ihr unverständlich ins Ohr nuscheln, was er gerne hätte, und dann von ihr weg, in irgendeine andere Richtung gehen.

Da steht Dame dann auf der Tanzfläche, und fragt sich, was um alles in der Welt sie denn jetzt tun soll.

Schlimmer noch, die Gefahr dass der Herr der Dame auf die Füße steigt, oder gegen ein Bein tritt, erhöht sich damit dramatisch. Wer bei uns im Kurs war, hat natürlich unsere Demonstration dazu gesehen, und erinnert sich hoffentlich noch daran.

Also Herren, traut Euch und versucht der Dame auf den freien Fuß zu steigen!

Und hier noch einige Anmerkungen, damit das auch wirklich jeder richtig versteht.

Dieser Rat gilt nämlich im Wesentlichen für folgende oft verwendete Bewegungsabläufe:

  • Gehen voreinander im Parallelsystem
  • Gehen im Kreuzsystem
  • Rückwärts“ochos“ der Dame in der Tanzrichtung
  • Generell alle Bewegungsabläufe bei denen der Herr mit dem Fuß auf den Punkt tritt, den die Dame verlässt

Außerdem muss der Herr natürlich wissen, welches der freie Fuß der Dame ist, und ihr – ganz wichtig! – bevor er losgeht, mitteilen, dass er das tut (mehr dazu unter Gummidelphin siehe Link unten).

So das wär´s. Viel Glück!

 

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Direkt zum kalten Bier! Die wundersame Kraft der Intencion

Wie sag ich der Dame* was ich von ihr will?

Eine Frage die sich beim Tango allen stellt, die in der Herrenrolle tanzen.
Bei anderen Tänzen gibt es dafür festgeschriebene Figuren, die beide Tanzpartner kennen und zur Not auch ohne Führung ausführen könnten.

Beim argentinischen Tango der ja komplett improvisiert ist, funktioniert das aber nicht.

Mit den Händen ziehen, zerren oder drücken soll man, wie jeder weiß, oder wissen sollte, auch nicht.

All das ist auch gar nicht nötig, denn um mitzuteilen, was wir gerne hätten, wohin der nächste Schritt gehen soll, haben wir ja die „Intencion“.

Intencion ist ein Begriff, der uns beim Tango tanzen immer wieder begegnet. Man kann Intencion als „Absicht“ übersetzen. Beim Tango wäre das aber zu kurz gegriffen.

Vielmehr bedeutet Intencion hier, der klare, deutliche Wille, die Entscheidung etwas zu tun.

Wenn es dabei um Bewegung geht, darum eine bestimmte Bewegung auszuführen, kommen dabei die Mechanismen unseres Körpers ins Spiel.

Wir können uns dabei unseren Körper als persönlichen Assistenten vorstellen, der für uns das tut, was wir getan haben wollen.

Jeder von uns hat tausendfach ein Glas angehoben, eine Tasse oder einen Kugelschreiber.

Die wenigsten könnten aber erklären, wie genau wir das tun, welche Synapsen, Nerven, Sehnen, Muskeln wir dafür in Bewegung setzen, oder ruhen lassen müssten.

Das Schöne daran ist, dass wir das auch gar nicht bewusst machen müssen, es funktioniert einfach.

Unser Körper weiß nämlich, wie´s geht und erledigt alles Nötige ohne unser aktives Zutun. Wir müssen nur die Entscheidung treffen.

Wenn wir aber keine Entscheidung treffen, keine klare Intencion haben, weiß unser Körper nicht, was er tun soll.

Das ist ein wenig so, als würde ein Chef seinem Assistenten sagen, „Machen Sie mal. Vielleicht…, oder vielleicht anders…, oder vielleicht doch nicht“

Das ganze ohne zu sagen, was der Assistent eigentlich machen soll, wie er es machen soll, und bis wann.

Da steht der Assistent erstmal da, ist ratlos, und tut gar nichts.

Beim Tanzen ist es nicht anders. Solange Du keine Entscheidung getroffen hast, tut Dein Körper erstmal gar nichts (außer hoffentlich die lebenserhaltenden Funktionen aufrecht zu erhalten).

Aber sobald Du entschieden hast, beispielsweise einen Schritt nach vorn zu machen, bereitet Dein Körper das für Dich vor.

Er leitet alle notwendigen Schritte ein, um diesen Schritt ausführen zu können. Du musst nichts zusätzlich dafür tun.

Der Körper Deiner Partnerin, wenn sie denn mit Dir wirklich Kontakt hat, spürt, was Dein Körper vorbereitet und bereitet sich wiederum vor, darauf zu reagieren.

Und dann geschieht das, was manche als Tango Voodo empfinden.

Ohne dass irgendetwas verbal mitgeteilt, oder ausdiskutiert wird, ohne dass man ziehen, oder schieben muss, bewegen sich die beiden Tanzpartner im Einklang in die gewünschte Richtung.

Das funktioniert in jede Richtung.

  • Wenn ich entscheide, einen Vorwärtsschritt zu machen, bereitet mein Körper alles Notwendige vor.
  • Wenn ich entscheide, einen Seitwärtsschritt zu machen, bereitet mein Körper alles Notwendige vor.
  • Wenn ich entscheide, einen Rückwärtsschritt zu machen, bereitet mein Körper alles Notwendige vor.

In keinem dieser Fälle brauche ich bewusst irgend etwas anderes zu tun, als die Entscheidung zu treffen. Auch meine Tanzpartnerin braucht nichts zu tun, als die Impulse aufzunehmen und die Bewegung geschehen zu lassen.

Klar, man kann an einer Bewegung ein bisschen feilen, sie eleganter oder dynamischer  machen, aber im Prinzip erledigen unsere Körper alles Notwendige für uns.

Und für das einfache, schöne Tanzen zur Musik in einer Milonga ist das völlig ausreichend.

Und was hat das jetzt mit dem kühlen Bier zu tun?

Bei unseren Kursen verwenden wir diesen Vergleich gerne, wenn es darum geht, den Herren und führenden Damen zu erklären, wie sie dynamisch vorwärts gehen sollen, ohne Angst davor, ihren Tanzpartnern auf die Füße zu treten.

„Es ist heiß und am anderen Ende der Tanzfläche wartet das kühle Bier. Dahin willst Du mit Deiner Dame, so schnell wie möglich“

Auch wenn das Bier nur virtuell ist, hilft diese Vorstellung erfahrungsgemäß dabei, dynamisch nach vorn zu gehen.

Und die Damen klinken sich ein und lassen die Herren natürlich nicht allein zum kühlen Bier gehen.

Okay, vielleicht doch ein bisschen Voodo, aber es funktioniert.

 

 

*Oder mit wem auch immer ich tanze