Wollt Ihr richtig schön Tango tanzen? Dann vergesst den “Grundschritt”

Tango tanzen? Richtig schön und ohne Stress?

Wenn Ihr das wollt, vergesst den “Grundschritt”

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Kann man Tango tanzen, ohne einer bestimmten, auswendig gelernten Schrittkombination zu folgen? Aber selbstverständlich! Man kann es nicht nur, beim Tangotanzen in der Milnga muß man das dauernd.

Klar, als ich angefangen habe Tango zu lernen, haben mir meine ersten Tangolehrer auch den sogenannten „Grundschritt“ beigebracht. Damals, in den Anfängen des Tango Argentino in Deutschland machten das fast alle so.
Soweit mir bekannt ist, hatte kurz zuvor Antonio Todaro, damals einer der berkanntesten Bühnentänzer, als er in Europa unterrichtete, diese Methode eingeführt, weil er (und möglicherweise viele andere Argentinier) glaubte, dass die Europäer unfähig seien, den Tango auf andere Weise zu lernen.
Warum er davon ausging, dass dies eine gute Methode sei, kann ich nicht wirklich nachvollziehen..

Argentinischer Tango ist ein völlig improvisierter Tanz, was alle Tangolehrer, die ich kenne, auch sofort und immer wieder bestätigen.

Natürlich fällt an dieser Stelle jedem Tangotänzer auf,  dass es hier einen Widerspruch gibt. Wie kann ein Tanz, der von Anfang bis Ende völlig improvisiert sein soll, auf einer festgelegten Schrittfolge, einer Mini Choreographie basieren? Nichts anderes ist nämlich der sogenannte Grundschritt.

Gut, das ist eine sehr fundamentale Frage und man könnte gelassen darüber hinweggehen, wenn der sogenannte Grundschritt nicht eine ganze Reihe negativer Auswirkungen hätte.

In der Praxis ist es doch so, dass die meisten Tangotänzer, die den sogenannten „Paso di Base“  gelernt haben, zumindest für lange Zeit nichts anderes tanzen können, als eben diese auswendig gelernte Schrittsequenz und deshalb auf der Tanzfläche dauernd in Schwierigkeiten kommen.

Warum das so ist? Die Antworten darauf sind einfach.

Zum einen sind beim Tango tanzen auf der Tanzfläche meistens viele andere Tänzer, die auf wundersame Weise immer im Weg stehen, wenn man gerade seinen Grundschritt oder sonstige vorfabrizierte Schritte machen will.

Die Folgen daraus sind Zusammenstöße mit anderen Tänzern, Ärger und Frust, weil man einfach nie richtig zum Tanzen kommt und schließlich bei vielen der endgültige, entnervte Rückzug von der Tanzfläche.

Zum anderen verschwenden die Tänzer, die als erstes den  sogenannten Tango Grundschritt lernen, Zeit damit, eine bestimmte, letztlich unnötige Schrittfolge einzuüben, anstatt sich auf wirklich wichtige Dinge zu konzentrieren.

 

Was ist also wichtig beim Tango?
Um das zu beantworten kann man einige einfache Fragen stellen.

  1. Kann man Tango tanzen ohne auf die Musik zu achten?       Ein klares Nein
  2. Kann man Tango tanzen, ohne auf seinen Partner zu achten? Auch hier ein klares Nein
  3. Kann man Tango tanzen, ohne auf die anderen Paare im Saal zu achten?  Wenn man nicht dauernd Ärger haben will, natürlich nicht   
  4. Kann man Tango tanzen, ohne einer bestimmten, auswendig gelernten Schrittkombination zu folgen? Aber selbstverständlich!

 

Wenn man sich aber auf den sogenannten Grundschritt konzentriert passiert folgendes:

  • Die meisten Anfänger sind so beschäftigt damit, die Schrittfolge einzuüben, dass sie sich meistens nicht mehr auf die Musik des Tango konzentrieren können und tanzen völlig unabhängig von der Musik (freundlich ausgedrückt). Tango ist das dann natürlich nicht mehr.

 

  • Da man sich ja vorab auf ein bestimmtes Schrittmuster geeinigt hat, welches beide Tanzpartner im Prinzip auch unabhängig voneinander auswendig tanzen könnten, legt man keinen Wert mehr auf den Kontakt innerhalb des Paares

 

  • Leider ist es so, dass viele Lehrer, die offensichtlich selber keine Ahnung haben, ihren Schülern gar nicht vermitteln, wie man zusammen tanzt, mit seinem Körper Einladungen vermittelt oder spürt, was der Partner will.
    In der Folge heißt das, dass die Damen, oder wer auch immer die Damenrolle übernimmt, wie eine mechanische Puppe auf Knopfdruck eingeübte Figuren ausführen, egal ob sie geführt wurden oder nicht.

 

  • Die Herren, die nie gelernt haben, ihre Tanzpartnerinnen zu führen (oder besser, zu einem Schritt, einer Bewegung zu verführen) ziehen und zerren an den Damen (oder tun frustriert gar nichts mehr) und sind verärgert oder frustriert, wenn diese nicht tun, was von ihnen verlangt wird.
    Kurz, eines der wichtigsten Dinge im Tango, die Kommunikation zwischen den Tanzpartnern geht verloren.

 

  • Wenn man nie gelernt hat frei und improvisiert mit der Musik Tango zu tanzen, sondern stattdessen nur eine bestimmte Schrittfolge tanzt (im schlimmsten Fall noch gegen die Tanzrichtung) ist der Ärger mit den anderen Paaren vorprogrammiert.

 

  • Eine der schönsten Erfahrungen im Tango, das gemeinsame Tanzen in der Ronda, dem harmonischen Tanzfluss aller Tänzer auf der Tanzfläche, wird damit erschwert und meistens unmöglich gemacht.

Also, mein Appell an alle Tangotänzerinnen und Tangotänzer (und natürlich an alle Tangolehrer):
Vergesst den Grundschritt, konzentriert Euch  auf die wirklich wichtigen Dinge und fangt an zu tanzen!

Dann kann Tango zu einem magischen Erlebnis werden.

 

Wollt Ihr mehr über die magischen Momente des Tango wissen?  .

 

6 thoughts on “Wollt Ihr richtig schön Tango tanzen? Dann vergesst den “Grundschritt”

  1. Der Grundschritt hilft der Dame, wenn ein Mann gar nicht zurecht kommt – mit dem „freien“ Tanzen, d.h. beim F ü h r e n . Sie kann vorschlagen, „machen wir doch den Grundschritt“.

    • Mit einem Mann der mit den Grundlagen der Kontaktübermittlung und des Gehens zur Musik gar nicht zurecht kommt, nur immer wieder den „Grundschritt“ runter zu reißen, dürfte für die allerwenigsten Frauen attraktiv sein.
      Für den Mann der sich beim Führen ohnehin schwer tut, ist es wesentlich wichtiger, die Kontaktübermittlung zu lernen und durch häufiges Hören, ein Gespür für die Musik zu bekommen.

      Das Schöne dabei ist, dass beides gar nicht so schwer ist.

      Zur Kontaktübermittlung empfehle ich Dir diesen Artikel https://tango-kurs.com/tango-und-der-aufblasdelphin/ .

      Das Hören lernen kann man keinem abnehmen, aber auch das lässt sich üben. Musik zu hören lässt sich nämlich lernen, genauso wie man Radfahren, Schwimmen, Autofahren und vieles andere lernen kann. Dass man zum Tanzen von vorn herein ein musikalisches Talent sein müsse, ist nichts als ein Mythos https://tango-kurs.com/tango-hren-knnt-ihr-lernen-und-solltet-ihr-auch-wenn-ihr-wirklich-gut-tanzen-wollt/ (oder eine wohlfeile Ausrede: – )

  2. Super! Ich bin ganz Ihrer Meinung. Ich bin eine zeitgenossische Tänzerin. Ich improvisiere ständig. Tanz ist Freude, Offenheit, Kommunikation. Ich habe noch keinen Tango getanzt. Dafür brauche ich einen Mann, der die Leidenschaft seiner Männlichkeit akzeptiert. Eigentlich ist Tanzen eine Einladung zum Verführung! Es gibt nichts romantischeres.

  3. Seit 5,5 Jahren lerne ich Tango, führend wie folgend. Ich habe sehr schnell kapiert, dass es nicht um das Auswendiglernen von Schrittabfolgen geht, sondern darum zuerst einmal die „Technik“ zu beherrschen. Wie funktioniert es, dass Schritte zB Seitschritte gleich lang sind oder der des anderen kürzer, dass die Dame ins Kreuz geht. Was ist zu beachten, dass zB bei Ochos die Verbindung nicht verloren geht….usw.
    Nicht die Menge an „Figuren“ sind das Wesentliche, sondern was „versteht“ der andere bzw. was „spürt“ der andere, wie ist die Führung angekommen. Auch sollte Führender spüren, wo Folgende „abzuholen“ ist.
    Ich finde „weniger ist mehr“ die einfachsten Schritte in der Musik getanzt sind wesentlich angenehmer, als alle „schwierigen und schön anzusehenden Schrittfolgen mit Doppelaxel ect.“ Man(n) sollte damit auch sehr sparsam umgehen, sonst wird es Stress und kein Vergnügen auf einer sozialen Milonga.
    Abrazos – eine leidenschaftliche, musikliebende folgende und führende Tanguera

    • Hallo leidenschaftlich musikliebende Tanguera,

      mir ist gerade erst Dein Kommentar angezeigt worden (Die Wege von WordPress sind manchmal unergründbar und verschlungener als die Beine von Tangotänzern).
      Vielen Dank für Deinen Beitrag.
      Mit herzlichen Grüßen
      Wolfgang

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