Schluss mit diesem dummen Mythos!

Tango

Wer gut Tango tanzen will, muss lernen, die Musik zu hören. Das ist viel leichter, als mancher uns glauben machen will.

Neulich in der Milonga war es wieder mal soweit.

Meine Frau tanzte mit einem Tänzer, der zwar nicht schön oder elegant, dafür aber SEHR aktiv tanzte. Als sie nach der Tanda wiederkam, und ich sie fragte, wie es gewesen sei, meinte sie nur, „Der hat aber auch überhaupt keine Ohren.“

Leider sieht und spürt man (oder besser frau) das bei vielen Tänzern.

 

 

 

Sie lernen mehr schlecht als recht irgendwelche Figuren, gehen dann auf die Tanzfläche und betrachten die Tangos, zu denen sie „tanzen“,  nur als musikalisches Hintergrundrauschen.

Jammerschade, denn die Tangomusik, zumindest die im weitesten Sinne traditionelle, macht es den Tänzern leicht, gibt ihnen dauernd Hinweise und Vorschläge, wie sie leicht und schön tanzen könnten.

Natürlich ist es nicht immer allein die Schuld der Tänzer, dass sie nicht auf die Musik achten. Viele Tangolehrer werden schlichtweg ihrer Verantwortung nicht gerecht, ihren Schülern die Tangomusik nahezubringen.

Begründet wird das oft damit, dass „Europäer Tangomusik ohnehin nicht richtig hören oder verstehen können“. Ein ebenso dummer wie falscher Mythos, der leider von zu vielen verbreitet und geglaubt wird.

Leider wird dieser Mythos von etlichen Tango Aficionados, selbsternannten alten Milongueros und europäischen, ebenfalls selbsternannten, Hütern argentinischer Kultur eifrig gepflegt. Auch manch argentinische Tangolehrer übernehmen ihn gerne, weil dieser Mythos natürlich die eigene Autorität steigert.

Tatsache ist allerdings, dass kaum einer der „alten Milongueros“ die heute noch auf Europa-Unterrichtstourneen unterwegs sind, im Goldenen Zeitalter des Tangos gelebt oder getanzt hat.

Auch von den heutigen argentinischen Profitänzern hat kaum einer Tango mit der Muttermilch aufgesogen.

Zu guter Letzt haben ja auch große Teile der Tangomusik Ursprünge in Europa.

Beeinflusst wurde der Tango zum Beispiel vom Belcanto aus Süditalien, von Wiener Walzer und französischen Musette Walzern, von der böhmischen Polka und von einem typischen Instrument sächsischer Bergmannsorchester, dem Bandoneon.

Selbstverständlich kann daher (fast) jeder, der sich die Zeit nimmt, Tangos öfter zu hören, verstehen wie die Musik funktioniert, welche Besonderheiten die einzelnen Stücke haben, oder, ganz einfach und hilfreich im praktischen Leben auf der Tanzfläche,  welcher der drei Rhythmen des Tango Argentino, Tango, Vals oder Milonga überhaupt gerade gespielt wird.

Man muss dazu nicht die Biografie jedes Tangomusikers, Orchesterleiters oder Komponisten oder die Entstehungsgeschichte jedes Tangos kennen (obwohl das oft interessant, amüsant und berührend sein kann).

Aber das häufige Hören der Musik trägt erheblich dazu bei, dass wir besser tanzen. – Und das ohne dass es notwendig ist, dafür einen Kurs zu besuchen.

Also, nehmt Euch die Zeit, hört Tangos, Tango Valses und Milongas so oft ihr könnt. Es lohnt sich.

Das gilt für Männer und Frauen, die ja beide die Musik interpretieren sollen.

Ein Tipp für die Männer: Wenn Ihr aufhört in erster Linie viele Figuren machen zu wollen und stattdessen schön entspannt zur Musik tanzt, werdet Ihr Euch wundern, wie sehr Euch die Frauen dafür lieben.

Ein Tipp für die Frauen: Wenn Ihr nicht bei jedem Tanz Euer ganzes Repertoire an Verzierungen vorführt, egal ob es zur Musik passt, oder nicht, macht Ihr Euch und Euren Tanzpartnern das Tangoleben sehr viel einfacher und gewinnt an Eleganz.

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