Der Trick mit dem linken Arm

Der Trick mit dem linken Arm

Viele argentinische Tangotänzer, vor allem die, die sich eher als traditionell verstehen, legen großen Wert darauf, dass der linke Arm des Herrn in einer sehr festen Position, um nicht zu sagen starr gehalten wird, um „der  Dame Halt zu geben“.

Das mag gut aussehen und ich will nicht behaupten, dass es falsch ist, vorausgesetzt, dass der Herr sich an die Schulterhöhe der Dame anpasst und nicht ihren Arm unnötig und unbequem  hochreißt.

Allerdings braucht eine Dame, die gelernt hat, in ihrer eigenen Achse zu stehen, diesen vermeintlichen Halt gar nicht.

Jede Tangotänzerin und jeder Tangotänzer, sollte sich darum bemühen immer in der eigenen Achse zu stehen (Außer bei Figuren, bei denen die Achse bewusst aufgegeben wird).

Die starre Handhaltung ist also letztlich nicht wirklich nötig, und sie hat einen entscheidenden Nachteil. Sie blockiert nämlich die Bewegungen der Tänzer.

Das beginnt bereits beim einfachen voreinander Gehen im Parallelsystem.

Warum das so ist?

Wenn  wir normal entspannt gehen, schwingt immer der rechte Arm zusammen mit dem linken Bein nach vorne und der linke Arm mit dem rechten Bein.

Beim Tangotanzen ist das nicht anders. Allerdings gehen wir jetzt zusammen mit unserem Partner. Und jetzt kommt das Problem. Wenn die Handhaltung sehr starr ist, kommt es häufig vor, dass dieses natürliche Miteinanderschwingen blockiert wird.

Das Miteinander tanzen wird dadurch ungemütlicher, und viele Bewegungsabläufe werden unnötig erschwert oder sogar unmöglich.

 

So, und jetzt kommt der Trick:

Meine Herren,

  • Entspannt euren linken Arm. Entspannen heißt aber nicht, dass Ihr plötzlich schwabbelige Gummiarme kriegt. Ein wenig Grundspannung muss schon noch zu spüren sein.
  • Haltet euren Arm so, dass sich eure Hand MAXIMAL auf Schulterhöhe der Dame befindet (eher etwas niedriger)
  • Wenn ihr mit dem linken Bein einen Schritt nach vorn macht, schwingt euren linken Arm leicht nach hinten. Die Betonung liegt dabei auf leicht. Wenn ihr die Dame aus ihrer Achse reißt, habt ihr etwas falsch gemacht. Wenn ihr es Durch dieses leichte Rückwärtsschwingen wird Euer Körper ein wenig um eure Vertikalachse gedreht, und ihr kommt genau in den gewünschten, natürlichen Bewegungsablauf.
  • Wenn ihr mit dem rechten Bein einen Schritt nach vorne macht, schwingt euren linken Arm leicht nach vorn. Diese Bewegung sollte aber noch dezenter sein als das Rückwärtsschwingen.
  • Das gute an diesem Bewegungsablauf ist, dass ihr euch immer nur auf den linken Arm konzentrieren müsst. Der restliche Körper wird dadurch fast automatisch richtig gedreht.
  • Das gilt natürlich auch wenn ihr rückwärts geht (bitte nur wenn Platz ist und nach Möglichkeit nicht gegen die Tanzrichtung)
  • Linkes Bein zurück >> linker Arm vor.                      Rechtes Bein zurück >> linker Arm zurück

 

Das wär´s . Probiert es aus, fragt eure Partnerin, was sich für sie am angenehmsten anfühlt, und wie sie eure Signale, eure Einladungen am Besten versteht.

 

2 thoughts on “Der Trick mit dem linken Arm

  1. Hallo Nicole,

    es besteht überhaupt kein Grund, Dich bei mir zu bedanken.

    Den Tango zu verstehen, ist für mich keine Mühe, sondern eine Bereicherung, gerade auch wenn es manchmal herausfordernd ist.

    Außerdem gehört das für mich, als Tangotänzer, Tangolehrer und Organisator von Tangokursen ja ohnehin zu meiner Arbeit und ist, nach fast Dreißig Jahren intensiver Beschäftigung mit dem Tango Argentino, fast schon Teil meiner DNA. Ich glaube daher, dass ich durchaus in der Lage bin, die verschiedenen Aspekte des Tangotanzens einigermaßen sachkundig einzuschätzen.

    Das ich nicht „wirklich“ hätte recherchieren können oder recherchiert hätte, ist also eine Annahme, die nicht zutreffend ist. Lösungen für tänzerische Probleme und Verbesserung von Bewegungsabläufen zu finden, ist nicht nur Teil meines Berufs, sondern auch eine persönliche Leidenschaft.

    Bevor ich ausführlicher antworte, muss ich aber noch eine Sache klären.

    Was Du über die Faust als „die Säule des Paares“ sagst, könnte, egal wie man dazu steht, nur für das Tanzen in der offenen Umarmung Gültigkeit haben.

    In der geschlossenen Umarmung braucht man diese „Faust“ und einen daran hängenden (oder aufrecht stehenden) Arm überhaupt nicht. Oder wie Metin Yasir es einmal schön formuliert hat, „der linke Arm des Mannes ist nur für den Fotografen da.“
    Andererseits drücken viele Tänzer die Arme ihrer Partnerinnen auch in der geschlossenen Umarmung nach hinten, dringen dadurch in den Raum der Dame ein, bringen sie dadurch aus der Achse und verursachen Schmerzen in Arm und Schulter.
    Bei Tänzern deren linker Arm von vornherein entspannt ist (und entspannt heißt, wie ich bereits in meinem Artikel geschrieben habe) nicht wacklig oder lasch, passiert das dagegen nicht.

    Kommen wir also zur offenen Umarmung.

    Hier dient der linke Arm des Mannes als Verlängerung des Körpers, mit dem Bewegungsimpulse übertragen werden. Dies gilt in erster Linie dann, wenn man sehr dynamisch tanzt. Natürlich dient der Arm dann auch als Stütze für die Frau, wenn auch normalerweise nur wie, sagen wir das Stützrad eines Kinderfahrrads.

    Im Normalfall geschieht die Informationsübertragung aber in erster Linie an der geschlossenen Seite der Umarmung.

    Der linke Arm ist nur dann notwendig, wenn man damit eine dynamische Bewegung unterstützen, und der Dame zusätzlichen Halt geben, oder beispielsweise die Einladung an die Dame an die linke Seite des Herrn zu gehen mit einer einladenden Bewegung verstärken will.

    Bei all diesen Bewegungsabläufen muss der linke Arm aber, auch wenn er stabil die Dame stützt, immer flexibel bleiben.

    Wenn beispielsweise, um nur ein Beispiel zu geben, der Herr die Dame zu einem Vorwärts-Kreuzschritt an seine rechte Seite einlädt, und der linke Arm völlig starr bleibt, blockiert der Mann die Bewegung der Dame und bringt sie im schlimmsten Fall sogar aus ihrer Achse.

    Auch beim Gehen im Parallelsystem, welches ich in meinem Beispiel ausführlicher geschildert habe, ist es leider nicht so, dass alle Tänzer (und Tänzerinnen) sich im vermeintlich natürlichen Bewegungsablauf bewegen.

    Viele Tänzer die im Alltag ganz natürlich gehen, schalten nämlich, sobald sie anfangen, Tango zu tanzen, auf irgendwelche unnatürlichen Bewegungsmuster um. Da bewegen sich beispielsweise linke Schulter und linkes Bein, rechte Schulter und rechtes Bein, gleichzeitig nach vorne, die Tänzer fangen an, im Passgang zu gehen.

    Ich weiß nicht, ob Du Dich mittlerweile nur mehr auf Tangoshows konzentrierst, oder noch Tango unterrichtest und Ähnliches auch schon beobachtet hast, aber ich erlebe das immer wieder, sei es in meinem eigenen Unterricht, oder bei Tanzkursen die wir mit anderen Lehrern organisieren.

    Für die Tänzer die also, aus welchen Gründen auch immer, den natürlichen Bewegungsfluss verloren haben, ist mein Trick (den ich übrigens von Metin gelernt habe) eine hilfreiche Möglichkeit, sich diesen falschen Bewegungsablauf bewusst zu machen und diesen zu korrigieren.

    Leider haben viele Tänzer von argentinischen Tangolehrern, vornehmlich von selbsternannten „alten Milongueros“ gesagt bekommen, dass der linke Arm starr sein müsse.
    Und somit gehen sie mit starrem Arm, im Passgang, über die Tanzfläche, was ihnen leider jede Möglichkeit nimmt, schön und halbwegs natürlich zu tanzen.

    Das Prinzip der „Säule“ aus dem linken Arm des Mannes und der rechten Hand der Dame, welches Du oben ansprichst, habe ich außer von Dir noch von niemandem gehört.

    Weder einer der alten Milongueros die kennenzulernen, ich im Lauf der Jahre Gelegenheit hatte, noch irgendjemand der vielen anderen Lehrer wie Gustavo Naveira und Giselle, Fabiàn Salas und Carolina del Rivero, „Chicho“ Frumboli und Eugenia Parilla, Brigitta Winkler oder Daniela Pucci und Luis Bianchi die bei uns Masterclasses hielten und den Tango sehr genau analysierten, haben dieses Prinzip jemals auch nur ansatzweise erwähnt.

    Warum gerade die Faust als „Säule des Paares“ optimal sein soll, kann ich nicht nachvollziehen.

    Nach fast dreißig Jahren Tangoerfahrung ist für mich, wie bereits gesagt, völlig klar, dass die hauptsächliche Informationsübertragung im Paar an der geschlossenen Seite der Umarmung stattfindet (manche Tänzer sagen auch, dass die Dame die Intention des Mannes am besten mit der Hand an seinem Rücken spürt, aber auch das wäre auf der geschlossenen Seite der Umarmung).

    Zum Abschluss noch eine Richtigstellung.

    Es spielt sehr wohl eine Rolle, auf welcher Höhe der Mann seinen Arm (in diesem Fall den linken) hält.

    Gerade die Herren die den Arm nach oben strecken, als müssten sie an der Zimmerdecke eine Glühbirne festschrauben, oder sich in einer überfüllten U-Bahn an einer Schlaufe über ihren Köpfen festhalten, können ihre Tanzpartnerin leicht aus der Achse bringen oder schmerzhaft ihren Arm verrenken, sofern die Dame nicht größer ist als sie selbst.

    Angenehm ist das für die Dame nicht.
    Mehr dazu hier: https://tango-kurs.com/hochststrafe-fur-notorische-%e2%80%9ehandhochhalter/

    Generell gilt, je höher der Mann den Arm hält, desto anstrengender ist dies auf Dauer, weil einfach mehr Muskeln arbeiten müssen. Man kann das machen, aber entspannt Tanzen geht in meinen Augen anders.

    Mit dem Verstehen von Traditionen hat das Ganze aus meiner Sicht übrigens überhaupt nichts zu tun, dafür sehr viel mit dem Verstehen von Bewegungsdynamik und der Möglichkeit entspannt und schön zu tanzen.

    Und genau das möchte ich meinen Kursteilnehmern nahe bringen.

  2. Hallo in die Runde, ich lese gerade den Text. Hab Dank, dass Du Dir Mühe machst, den Tango zu verstehen. Ein wenig schade finde ich, dass Du nicht wirklich hast recherchieren können, welche Bedeutung dieser stabile (nicht starre) Arm hat. Ich möchte das gerne hier anfügen. Ich hoffe, das ist in Ordnung! Es wäre schade, dass der argentinische traditionelle Tänzer mit falschem Bild hier missverstanden stehen bliebe.
    Der linke Arm des Mannes wird nicht aus optischen Gründen so getragen. Er gibt keinesfalls Starre und Unbeweglichkeit. Die Faust ist die Säule des Paares. Wie in der Tradition korrekt überliefert, garantiert sie als stabile Säule die Beweglichkeit des Paares. Wenn man dort Halt findet, kann der Rest entspannen. Die Faust ist der einzige fixe Punkt. Keine Achsen, keine Linien, keine Parallelen. Keinesfalls ist der Sinn der Säule, den Stand der Frau zu stützen, sondern ihre Bewegung zu unterstützen, den Impulsen ihres Tanzes Halt zu geben, Es spielt keine Rolle, in welcher Höhe der Mann den Arm trägt, da dieser keinerlei Kraft auf die Dame ausübt, sondern ihre Hand im Gegenteil in seiner ruht. Deshalb ist es wichtig, dass der Arm des Mannes auf seiner Seite, also der Seite des Mannes positioniert ist. Es stimmt deshalb nicht, dass eine Frau, die in ihrer eigenen Achse steht, diese Säule gar nicht benötigt. Eine gute Tänzerin braucht diesen Halt und gibt ihrem Partner Halt. Beide finden an dieser Säule Stabilität und optimale Verbindung für Bewegungsimpulse und können sich frei, musikalisch und gemeinsam bewegen. Es braucht keine bessere Lösung, Diese Säule ist optimal,
    Dazu muss man aber wie früher „rund“ im Paar verbunden tanzen, sonst funktioniert es nicht.
    Was Du über die „Gegenbewegung schreibst, entsteht dann als natürlicher „Swing“ ein natürliches Öffnen von Räumen. Wenn man nicht „parallel“ und „auf Linien“ festgestellt ist, passiert das nämlich von ganz alleine, wie beim natürlichen Gehen. Die Säule bewegt sich im Paar in diesem Swing mit, Bei jedem Gewichtswechsel, wandert sie automatisch vom rechten auf das linke Bein und bleibt obwohl stabil, nicht starr, aber in Bewegung. Der linke Arm wird nämlich stabil gehalten, nicht aber aus der Bewegung herausgehalten.
    Der traditionelle Tänzer bewegt also die Beine, diese tragen sein Becken, dieses gerät in Schwung und damit sein Oberkörper.
    Die Bewegung, die Du als Extrabewegung in den Armen erklärst, entsteht im gut getanzten traditionellen Tango auf natürliche Weise von selbst.
    Natürlich gibt es „Traditionalisten“ die alles „festhalten“ und „zuschrauben“. Schlechte Tänzer gibt es überall. ;-)
    Viel Freude Euch allen weiterhin beim Tango Tanzen! Vielleicht hilft meine Erzählung, Traditionen ein wenig besser zu verstehen.
    Herzliche Grüße
    Nicole Nau

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